Dienstag, 2. November 2010

Warum ich Hure wurde

Hallo Welt,

Gerade eben hab ich mir noch mal meinen Eintrag von gestern durchgelesen und muss zugeben, dass er doch ziemlich chaotisch geworden ist. Und viele Fragen offen lässt. So hat mich zum Beispiel mehrfach die Frage erreicht, wieso ich eigentlich auf den Strich gehe. Und der Beantwortung dieser Frage will ich mich heute mal widmen. Falls ich wieder wirres Zeug schriebe, bitte entschuldigt- ich bin im Moment ziemlich krank und voll mit Medikamenten.
Also- wie ihr schon wisst, komme ich aus der Großstadt. Mit meinen Eltern und meiner viel älteren Schwester lebte ich in einer großen Wohnung, etwas außerhalb vom Zentrum. Meine Schwester, Jana (Und nochmal: Ich verwende hier keine richtigen Namen. Nie. Wenn hier also ein untersetzter Freier mit Hornbrille namens Franz auftaucht, werdet nicht paranoid, liebe Ehefrauen von Franz.). Also Jana hat mich von Anfang an gehasst. Als ich geboren wurde, war sie schon fast erwachsen und plötzlich war Mamas und Papas gesamte Aufmerksamkeit weg und auch das Geld floss nicht mehr. Sie zog aus, als ich zwei war und wir sind immer mehr Fremde als Schwestern geblieben. Ihr erkennt vielleicht schon, dass meine Eltern nicht mehr die Jüngsten waren, als ich zur Welt kam. Heute bin ich 26, mein Vater ist über 70 und lebt im Heim und meine Mutter starb vor drei Jahren an Krebs. Ich ging damals zur Uni. Ich studierte und glaubte, mein Leben würde ziemlich sensationslos und ruhig verlaufen. Doch der Tod meiner Mutter änderte alles. Nachdem der Krebs diagnostiziert worden war, blieben ihr gerade noch drei Monate und jeden Tag ging es ihr schlechter. Zuletzt sah sie aus wie ein Skelett, über das man schlampig viel zu helle Haut gespannt hatte. Es ging alles viel zu schnell und nachdem sie gestorben war, fiel ich in ein tiefes, dunkles Loch.
Von heute auf morgen erkannte ich, dass eigentlich gar nichts irgendeinen Sinn macht. Versteht ihr? Egal, wie sehr wir uns im Leben bemühen, am Ende wartet doch nur ein dunkler, enger Sarg.
Tja, was soll ich sagen? Ich tat, was Menschen in der Sinnkrise nun mal so tun. Hab das Studium abgebrochen, mich deshalb mit meinem Vater zerstritten und mir so nette Sachen anhören dürfen wie, dass meine Mutter jetzt sehr enttäuscht von mir wäre und dass aus meiner Schwester wenigstens was geworden sei. Ich floh von zu Hause und zog in eine WG in der Innenstadt, die ich mir gar nicht leisten konnte. Aber irgendwas zog mich immer weiter nach unten. Ich war zu unmotiviert, um arbeiten zu gehen oder Geld zu beantragen. Tja und so landete ich dann auf dem Strich. Ich bin also keine Drogensüchtige, keine verzweifelte Mutter, die irgendwie ihre Kinder durchbringen muss, keine Osteuropäerin die von Igor oder Sergej verprügelt wird, wenn sie nicht genug Geld nach Hause bringt. Ich habe eigentlich gar keinen Grund, zu tun, was ich tue. Aber hey- wer hat das schon?

Macht’s gut,
  Eure GloomyFox

1 Kommentar:

  1. Hi GloomyFox,
    ich arbeite mich gerade langsam durch Deinen Blog durch. Das mit Deiner Mutter tut mir sehr leid. Ich habe in meiner Familie zum Teil schon sehr junge Menchen an Krebs sterben sehen und mich gefragt, was das soll und nach dem "Warum?". Klar habe ich mich gefragt, was mich denn so alles im Leben erwarten wird? Aber wichtig ist doch, dass man durch solche Erlebnisse - abgesehen von der schwierigen Zeit der Trauerbewältigung - lernt das "Heute" und "Jetzt" bewusster und intensiver zu erleben. Man sagt, man sollte jeden Tag so leben, als wenn es letzte wäre. Naja, das sollte man natürlich nicht zu wörtlich nehmen - ich denke Du verstehst, was sich meine. Meinst Du, dass die Zeit als Hure jetzt für Dich eine kurze Übergangszeit ist oder ist das für Dich so reizvoll, dass Du Dir das auf Dauer vorstellen kannst? Ich gehe selber zu Huren, obwohl ich verheiratet bin und unterhalte mich gerne mit Huren. Es scheint wirklich einige Huren zu geben, die das zumindest eine Zeit lanng ganz gerne tun. Ich spreche nicht von den Strichmädchen, die wegen den von Dir beschriebenen Gründen dieser Arbeit nachgehen. Ich kenne einige Huren, vor denen ich großen Respekt habe, sie machen einen sehr schweren Job und das ziehmlich gut.
    Sorry, ich schreibe viel zu viel, aber Dein Blog hat es mir irgendwie angetan ...
    Viele Grüße
    Al

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